Die Gründe, warum Menschen eine Abhängigkeitserkrankung entwickeln, können vielfältig sein. Die persönliche Entwicklung, das soziale Umfeld, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die jeweiligen Substanzen spielen dabei eine große Rolle.

Das Angebot der Suchtberatung der Caritas richtet sich an Menschen mit abhängigem Alkohol-, Medikamenten- und Drogenkonsum und an deren Angehörige. Hier suchen Menschen Hilfe, weil sie durch ihre Sucht einen großen Leidensdruck verspüren. Josef G. kommt schon seit vielen Jahren in die Suchtberatungsstelle der Caritas in Amstetten. Er war 20 Jahre lang schwer alkoholabhängig. „Davon waren die letzten 10 Jahre die Hölle. Ich habe unzählige Entzüge versucht, und bin immer wieder gescheitert. Es war wie Selbstmord auf Raten“, erzählt er heute.

„Die Suchtarbeit kann verschiedene Ziele haben“, erklärt Ulli Gerstl, Leiterin der Caritas Suchtberatung. „Das bedeutet, mit Menschen an einer Veränderung ihres Suchtmittelkonsums zu arbeiten mit Zielen, die sie sich selbst setzen. Das kann die Reduktion des Konsums, der Entzug, die Entwöhnung und die Abstinenz sein.“ Eine wichtige Rolle in der Arbeit spielen auch die Vermittlung in stationäre Behandlung und die Wiederaufnahme der Beratung nach deren Beendigung. „Im Rahmen der virtuellen Ambulanz ist es in Zusammenarbeit mit der 3. Psychiatrischen Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen des Landesklinikums Mauer jetzt auch möglich, dass KlientInnen ein Aufnahmegespräch direkt mit der Ärztin oder dem Arzt der Station für Alkoholentwöhnung via Videokonferenz führen. Dies stellt eine Erleichterung für KlientInnen dar, eine stationäre Behandlung zu beginnen“, betont Ulli Gerstl. 

Ich habe Träume gehabt

Josef G. hatte keine einfache Kindheit. Schon früh musste er im elterlichen Betrieb mitanpacken. Für Lernen und Schule war da nur wenig Zeit. Wie sein Vater absolvierte er eine Bäckerlehre, aber eigentlich wollte er Musiker werden. Bereits als Jugendlicher spielte er in einer Band, Rockmusik war seine große Leidenschaft. Doch dafür war bald kaum noch Zeit.

Um 1 Uhr früh hieß es aufstehen und arbeiten in der Backstube. Seine Eltern führten auch noch einen landwirtschaftlichen Betrieb, da ging die Arbeit am Nachmittag weiter. Als Josef G. 20 Jahre alt war, erlitt sein Vater einen Gehirnschlag, von nun an musste er den Betrieb alleine weiterführen. „Das hängt mir bis heute nach“, erzählt Josef „denn ich habe schon Träume und Wünsche für meine Zukunft gehabt. Das war mit einem Schlag vorbei.“

"Am Schluss hatte ich nur mehr das Gefühl versagt zu haben und dieses Gefühl musste ich wieder mit Alkohol bekämpfen."

 

Josef G.

Abgleiten in die Sucht

Mit dem Alkohol trinken hat er bereits in seiner Jugend begonnen. „Zuerst in der Gruppe am Abend beim Fortgehen oder bei Partys, das hat praktisch dazugehört, war aber noch kontrollierbar“, erinnert sich Josef. Dass er damals schon zu viel und zu oft getrunken hat, konnte er sich viele Jahre lang nicht eingestehen. „Als Alkoholiker besteht das Leben nur mehr aus Lügen, und am meisten und am längsten belügt man sich selbst, denn man glaubt ja, jederzeit aufhören zu können“, betont Josef G.

Zur Arbeitsbelastung in der Bäckerei und im landwirtschaftlichen Betrieb sind dann auch noch Schulden gekommen, da Josef G. in einen Umbau der Bäckerei und das daran angeschlossene Café investiert hat. Das Bekanntwerden eines Missbrauchsfalls im engsten Familienkreis und die damit einhergehende psychische Belastung haben Josef G. noch tiefer in die Alkoholsucht abgleiten lassen. Schwere Depressionen haben sich schließlich zusätzlich eingestellt. „Zum Schluss hatte ich nur mehr das Gefühl versagt zu haben und dieses Gefühl musste ich wieder mit Alkohol bekämpfen“, erinnert er sich. „Aber, dass ich ein Abhängigkeitsproblem habe, war mir immer noch nicht bewusst. Ich habe mich weiter selbst belogen.“ 

Die Sorgen und Schwierigkeiten, die er mit seiner Suchterkrankung auch seinen Angehörigen, vor allem seiner Frau, bereitet hat, tun Josef G. heute sehr leid. Mit 50 Jahren hat er schließlich seinen ersten stationären Alkoholentzug gemacht. „Eine Nachbehandlung habe ich als nicht notwendig erachtet und in den Wind geschrieben“, erzählt Josef G. Der Rückfall folgte prompt, und mit diesem noch viele weitere. „Am Ende ist mir nach 20 Jahren Alkoholsucht klar geworden, dass ich draufgehen werde, wenn ich so weitermache.“

Der Alkohol ist Geschichte

Seine Beraterin bei der Caritas Suchtberatung konnte ihn schließlich als einzig erfolgversprechende Maßnahme zu einer stationären Langzeittherapie bewegen. Für ein Jahr kam Josef G. in eine Therapieeinrichtung nach Hochwolkersdorf. „Die ersten drei Monate waren richtig hart. Die Vorstellung, nie wieder einen Schluck Alkohol zu trinken, war zuerst absurd, undenkbar. Doch Arbeits- und Psychotherapie sowie eine strikte Tagesstruktur haben mir sehr gutgetan und nach einem Jahr ist es mir wieder erstaunlich gut gegangen“, erinnert er sich zurück. „Nach der Entlassung habe ich mich bei der Caritas Suchtberatung sofort zur Nachbehandlung gemeldet und neben sozialarbeiterischen Gesprächen auch Psychotherapie in der Suchtberatung begonnen. Auch die Gruppentreffen der Alkoholiker besuche ich regelmäßig.“ 

Josef G. hat es geschafft. Seitdem ist Alkohol für ihn Geschichte und kein Thema mehr. Mittlerweile ist er in Pension und geht regelmäßig mit seinem Hund mehrmals am Tag in die Natur. Damit und mit viel Gartenarbeit hat er sich seine eigene Tagesstruktur geschaffen. Außerdem hält er heute öffentliche Vorträge über seine Alkoholabhängigkeit und wie man damit fertig wird: „Denn den Entzug habe ich nicht für die anderen, sondern nur für mich selbst gemacht, denn mir soll es jetzt gut gehen.“


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Zahlen und Fakten

1.749 Menschen mit Suchterkrankungen

sowie ihre Angehörigen fanden

Beratung und Unterstützung

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