Wohnen und arbeiten gehört zu den wichtigsten Grundbedürfnissen eines Menschen. Doch es gelingt nicht jedem, selbstständig und ohne Hilfe dafür zu sorgen.
Menschen mit psychischen Erkrankungen stoßen immer wieder an Grenzen, können am ersten Arbeitsmarkt aufgrund ihrer Einschränkungen nicht Fuß fassen oder schaffen es nicht, die täglichen Aufgaben und Anforderungen im Haushalt und in der Familie alleine zu bewältigen.
Hans Jürgen S. ist seit 2009 bei der Caritas in Betreuung, zuerst in den psychosozialen Einrichtungen im Schloss Schiltern und nach deren Übersiedlung seit 2017 in der PsychoSozialen Tagesstätte bzw. im Wohnhaus in Paudorf bei Göttweig. Der 52-Jährige ist eigentlich gelernter Universalschweißer, nach Abschluss seiner Ausbildung hat er allerdings verschiedenste Jobs ausgeübt. Kindheit und Jugend waren nicht ganz einfach, seinen Vater hat Hans Jürgen schon im Alter von 7 Jahren durch einen Autounfall verloren. Schließlich wurde bei ihm eine schwere psychische Erkrankung, Schizophrenie, diagnostiziert. Nach Aufenthalten und Zwischenstationen in verschiedenen Einrichtungen kam er 2009 zur Caritas. „Heute geht es mir mit meiner psychischen Erkrankung sehr gut. Ich bin medikamentös gut eingestellt und nehme meine Medikamente selbständig“, erzählt Hans Jürgen. Durch seine langjährige Erfahrung hilft er in Gruppengesprächen auch anderen KlientInnen, mit dieser Erkrankung umzugehen.


Arbeiten in einer modernen Holzwerkstatt
Die Tagesstätten und die Wohnhäuser für Menschen mit psychischen Erkrankungen in Paudorf und Zwettl sind den Anforderungen der Klientinnen und Klienten entsprechend gestaltet. Während in der Tagesstätte in Zwettl der Arbeitsschwerpunkt auf Keramik und Tiffany liegt, gibt es in Paudorf eine moderne Holzwerkstätte mit Tischlerei. Hans Jürgen S. hat sich deshalb bewusst für Paudorf entschieden, denn Arbeiten mit Holz und das Bedienen der Bearbeitungsmaschinen zum Zuschneiden, Hobeln und Schleifen ist seine große Leidenschaft. „Zur Arbeit habe ich Gott sei Dank nicht weit, nur zwei Minuten“, berichtet Hans Jürgen. Denn er lebt im Wohnhaus nebenan in einer betreuten Wohngruppe. „Die Klientinnen und Klienten erhalten von den BetreuerInnen Unterstützung im Alltag in Bezug auf Wohnen, Freizeitgestaltung oder medizinische Versorgung“, erzählt Anita Zeilinger-Pferscher, Leiterin der Tagesstätte Paudorf. Neben der Betreuung stehen den Klientinnen und Klienten zusätzliche Angebote offen, wie etwa Gedächtnistraining, Bewegung, Skillstraining, Kreativ-Workshops oder Singen und Musizieren. Hans Jürgen hat in der Wohngruppe sein eigenes Zimmer: „Mein Ziel ist es, in eine der sechs teilbetreuten Wohnungen hier im Haus zu ziehen. Da kann ich noch mehr selbständig sein, dann bin ich voll zufrieden“, freut sich Hans Jürgen.
Finisherboards für den Wachaumarathon
„In der Holzwerkstatt ist Hans Jürgen einer der Besten, denn konzentriert mit den großen Maschinen und Fräsen zu arbeiten, ist von der Verantwortung her nicht jedem hier möglich“, weiß Anita Zeilinger-Pferscher. „Wir fertigen kleine Möbel für Kinder und große Holzpferde zum Schaukeln“, betont Hans Jürgen stolz. Auch Nützlingshotels, spezielle Wein- und Sektträger aus Holz sowie Behälter aus Holz für Marmeladen werden hergestellt. Letztere auch speziell mit Auftrag für den Wachaumarathon, wo Hans Jürgen schon zwei Mal einen Tag lang am Stand der Caritas in der Ausstellungshalle mitgearbeitet hat. Hier stellen die Kooperationspartner des Wachaumarathons aus und bieten ihre Produkte zum Verkauf an. So auch Hans Jürgen seine Holzprodukte aus Paudorf, wie zum Beispiel spezielle „Finisherboards“ für die Medaillen der LäuferInnen als Erinnerung an den Marathon oder Holzgeschenkboxen mit Marillenmarmeladen der Firma Staud’s.Außerdem ist Hans Jürgen S. KlientInnensprecher der Tagesstätte und übernimmt damit einiges an Verantwortung. Ebenso betreut er die Kassa und zahlt selbständig die Anerkennungsbeiträge an die Klientinnen und Klienten aus und meldet, wenn jemand erkrankt ist bzw. fehlt. „Ich werde sehr gelobt für meine Werkstücke und meine Arbeit, das freut mich, macht mich stolz und gibt mir Kraft“, betont Hans Jürgen. „Auch für den nächsten Wachaumarathon habe ich schon eine Idee“, beeilt er sich zu erzählen. „Einen speziellen Pokal mit Holzsockel und einem Sportschuhsymbol für den Kindermarathon“, verrät er.
