Die Caritas St. Pölten betreut und begleitet in 15 Werkstätten,16 Wohnhäusern, in teilbetreuten und begleiteten Wohngemeinschaften, mit der Wohnassistenz, in Recyclingbetrieben und in carlas (Secondhand-Läden) rund 1.000 Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung.
Seit mehr als 40 Jahren bemühen sich Betreuer und Betreuerinnen um eine Atmosphäre des Wohlfühlens und darum, Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen. Sie versuchen, die Bedürfnisse der Menschen mit Beeinträchtigung zu verstehen, und begleiten sie auf ihrem Weg. Das vorrangige Ziel ist es, dass Menschen mit Behinderungen sich in ihren vier Wänden zu Hause fühlen und auch mit dem Arbeitsangebot zufrieden sind. Sie sollen ihr Leben gestalten, soziale Beziehungen leben, wachsen, sich entwickeln können.
Die Geschwister Jaqueline und Patrick Harm, beide Ende 20, leben seit einigen Jahren im Caritas-Wohnhaus in Kirchberg und arbeiten in der Caritas-Werkstatt Obergrafendorf. Beide haben von Geburt an das sogenannte Angelman-Syndrom und sind dadurch kognitiv sowie körperlich beeinträchtigt.
Passende Arbeitsangebote
Stürmisch werden wir von ihnen bei unserem Besuch in der Werkstatt Obergrafendorf begrüßt. Ihre Ausdrucksweise ist in erster Linie nonverbal, also ohne verbale Sprache. Sie lachen und gestikulieren heftig, zeigen so ihre Emotionen und auch Freude. Mit großer Begeisterung führen sie uns mit Betreuer Florian Daxböck an ihren Arbeitsplatz. Hier zeigen sie uns, wie sie Kupfer aus dicken Kabeln heraustrennen.
„Jeden Tag kommen Jaqueline und Patrick Harm kurz nach 8 Uhr mit einem Fahrtendienst vom Wohnhaus in Kirchberg in die Werkstatt Obergrafendorf“, erzählt Florian Daxböck. Gemeinsam mit einem Betreuer arbeiten sie dann in verschiedenen Bereichen, wo sie zum Beispiel Kabel zerlegen oder auch Kirschkernkissen befüllen. Auch Menschen mit einer schweren Behinderung sollen ein passendes Arbeitsangebot bekommen. Sie sollen je nach ihren Interessen entscheiden, was sie tun möchten. „Besonders Patrick ist an allen technischen Tätigkeiten sehr interessiert, am liebsten mit Werkzeug oder kleinen Maschinen, wie der Holzschleifmaschine oder dem Papierschredder“, weiß Florian Daxböck. „Pausen sind während der Arbeit sehr wichtig, denn die Konzentration kostet viel Kraft und die Aufmerksamkeitsspanne ist eher kurz.“ Dafür gibt es in allen Räumen der Werkstatt Rückzugsmöglichkeiten, wie eine Couch zum Ausrasten, ein Tablet mit Kopfhörer zum Musikhören. Nach dem Mittagessen finden am Nachmittag basale Angebote statt oder gemeinsames Ballspielen oder man verbringt etwas Zeit im Garten.
Geregelter Tagesablauf
Ab 15 Uhr beginnen wieder die Fahrtendienste zurück zu den Wohnhäusern. „Nach der Ankunft ist es wichtig, dass Jaqueline und Patrick zur Ruhe kommen“, erzählt Christina Pußwald, Leiterin des Wohnhauses in Kirchberg. „Sie können sich selbst aussuchen, wie sie ihre Freizeit verbringen wollen, sei es mit einem Spiel oder sie rasten sich einfach aus.“ Gemeinsam werden dann bei Bedarf auch Einkäufe erledigt oder ein Spaziergang unternommen. „Besonders wichtig für Patrick und Jaqueline ist ein geregelter und nachvollziehbarer Tagesablauf“, betont die Wohnhausleiterin. Gegen 18 Uhr bereiten Jaqueline und Patrick Harm ihr Abendessen zu. Was sie gerne essen möchten, bestimmen sie selbst. Nach der Körperpflege am Abend verbringen beide ihre Zeit am liebsten vor dem Fernseher bei einem Film. Dieser bildet dann auch den Abschluss des Tages.
Jedes Wohnhaus hat auch ein eigenes Freizeitangebot, darüber hinaus gibt es auch den „Treffpunkt“. Hier wird ein buntes Programm geboten mit Ausflügen, Museumsbesuchen, Kochnachmittagen oder Tanzworkshops. Jaqueline Harm nimmt seit Kurzem besonders gerne am Schwimmnachmittag teil. Auch ein Kurzurlaub in Wien ist für Sommer geplant. Patrick Harm hat letztes Jahr an einem Sommerurlaub des Wohnhauses in Wienerbruck teilgenommen.