Arbeit und Beschäftigung sind ein wichtiger Aspekt, wenn es um gesellschaftliche Teilhabe geht. Seit mehr als zwei Jahrzehnten bietet die Caritas St. Pölten professionelle Beratung, Begleitung und Beschäftigung für Jugendliche und Erwachsene mit gesundheitlichen Einschränkungen bzw. Behinderungen an.

In Summe wurden 2018 von der Beruflichen Integration der Caritas St. Pölten 2.270 Personen bei der Arbeits- bzw. Ausbildungssuche sowie am Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz begleitet. Eines der Angebote der Beruflichen Integration ist die Beschäftigungs- und Berufsorientierungseinrichtung BBO in St. Pölten. Hier können sich Menschen mit psychischen Erkrankungen auf einen Wiedereinstieg in das Berufsleben vorbereiten.

Betriebsnahes Arbeitstraining in vier Geschäftsfeldern sowie sozialpädagogische Begleitung und Trainings fördern nicht nur die Arbeitsfähigkeit, sondern stärken auch das Selbstvertrauen und persönliche Kompetenzen. Vermittlungsorientierte Integrationsbegleitung hilft zudem bei der Arbeitsplatzsuche. 

Arbeit nach einem flexiblen Zeitmodell

Aber auch Menschen, deren Gesundheitszustand eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt derzeit ausschließt, finden in der BBO nach einem flexiblen Zeitmodell, das der Belastbarkeit der/des Einzelnen angepasst ist, Beschäftigung. Martina Lienemann ist eine Mitarbeiterin dieses Arbeitsprogrammes. Seit vier Monaten arbeitet die 54-Jährige nun im BBO im Bereich Bügelservice. Hier wird im Auftrag privater Kundinnen und Kunden die Bügelwäsche mit Abhol- und Zustellservice erledigt. Diese Aufträge ermöglichen den TeilnehmerInnen Arbeitstraining und auch einen Zuverdienst in einem betriebsähnlichen Umfeld.

Viele Jahre war Martina Lienemann im Handel tätig und in ganz Österreich unterwegs. Sie hat Filialen verschiedener Handelsketten aufgebaut. Zuletzt hat sie in Geschäften und großen Baumärkten Waren aus dem Zoofachhandel verkauft. Oft bis zu 60 Stunden in der Woche war sie mit dem Auto im östlichen Österreich unterwegs, immer mit dem Anspruch, alles pünktlich und perfekt erledigen zu wollen. 

"Für wirklich lange Zeit zu planen, habe ich mir aber abgewöhnt, da mir mein Körper und meine Psyche immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht haben."

 

Martina Lienemann

Leben am absoluten Minimum

Pausen hat sich Frau Lienemann nur ungern gegönnt. Eine enorme Belastung, die irgendwann zu viel wurde. Als private Probleme hinzukommen, bricht sie psychisch zusammen. Es folgt ein mehrwöchiger stationärer Aufenthalt in einer Klinik, anschließend Therapie. 

„Natürlich habe ich versucht, wieder arbeiten zu gehen, der Wille und der Wunsch nach Selbstbestätigung sind ja da. Ich habe meinen Unterhalt immer selbst verdient, wollte nie abhängig sein“, erzählt Martina Lienemann. „Ich habe versucht, etwas weniger zu arbeiten, ein kleineres Gebiet zu betreuen. Aber es hat nicht funktioniert, denn ich habe mir dauernd selbst Druck gemacht.“ Als sie erfährt, dass ihr Bruder tödlich verunglückt ist, war der nächste Zusammenbruch absehbar. Weitere stationäre Aufenthalte folgen. Den Kredit für ihr kleines Haus kann Frau Lienemann mittlerweile nicht mehr bedienen. Die Schulden häufen sich, es folgen der Privatkonkurs und ein Leben am absoluten Minimum. 

Ein Platz im BBO

Über das Arbeitsmarktservice besucht Martina Lienemann eine Umschulung zur IT-Technikerin. Die praktische Prüfung im Anschluss ist kein Problem, die theoretische Prüfung kann sie aufgrund von Konzentrationsproblemen durch die psychische Erkrankung nicht ablegen.

Im Oktober 2018 erhält Frau Lienemann dank ihrer großen Hartnäckigkeit einen Platz im Arbeitstrainingsprogramm in der BBO. „Sie hat sich für alle vier Arbeitsbereiche Bügelservice, Copyservice, Fertigung und Verkauf beworben und sich auch immer wieder telefonisch gemeldet“, erinnert sich Carina Membir, Leiterin der BBO. Denn für die Arbeitstrainingsprogramme gibt es eine lange Warteliste, da es kaum Einrichtungen dieser Art in Niederösterreich gibt.

In kleinen Schritten denken

Martina Lienemann fühlt sich hier sehr wohl und kommt mit allen gut aus. Elf Stunden pro Woche arbeitet sie zurzeit im Bügelservice. „Das genügt für mich vorerst auch“, erzählt Martina Lienemann. „Und es geht mir gut damit, da der Druck der Wirtschaft am freien Arbeitsmarkt hier nicht spürbar ist. Ich muss allerdings noch lernen, auf meinen Körper besser zu hören und bewusst Pausen einzulegen. Denn schnell wäre ich wieder in meinem alten Arbeitsmuster, alles so schnell wie möglich erledigen zu wollen, drinnen.“

Im Arbeitstrainingsprogramm der BBO kann Martina Lienemann für drei Jahre bleiben. „Für wirklich lange Zeit zu planen, habe ich mir aber abgewöhnt, da mir mein Körper und meine Psyche immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht haben“, sagt Frau Lienemann. „Ich denke in kleinen Schritten positiv vorwärts, eines nach dem anderen. Ein Schritt nach dem anderen, so möchte ich mir mein Leben wieder aufbauen.“


Printversion Jahresbericht 2018 zum Download

Zahlen und Fakten

805 Menschen mit Beeinträchtigungen

wurden von der Arbeitsassistenz

bei der Jobsuche begleitet

120 KlientInnen

wurden durch Jobcoaching

am Arbeitsplatz begleitet

195 jugendliche KlientInnen

wurden durch die Berufsausbildungsassistenz

in der integrativen Lehrausbildung begleitet

1.084 Jugendliche

durch Jugendcoaching begleitet

66 KlientInnen

erhielten Arbeitstraining in der

Einrichtung Beschäftigung und

Berufsorientierung (BBO)

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