Arbeit und Beschäftigung sind ein wichtiger Aspekt, wenn es um gesellschaftliche Teilhabe geht. Seit mehr als 25 Jahren bietet die Caritas St. Pölten professionelle Beratung, Begleitung und Beschäftigung für Jugendliche und Erwachsene mit gesundheitlichen Einschränkungen bzw. Behinderung an.

In Summe wurden 2022 von der Beruflichen Integration der Caritas St. Pölten 2.793 Personen bei der Arbeits- bzw. Ausbildungssuche sowie am Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz begleitet. Eines der Angebote der Beruflichen Integration ist die Beschäftigungs- und Berufsorientierungseinrichtung BBO in St. Pölten. Hier können sich Menschen mit psychischen Erkrankungen auf einen Wiedereinstieg in das Berufsleben vorbereiten.
Betriebsnahes Arbeitstraining in vier Geschäftsfeldern sowie sozialpädagogische Begleitung und Trainings fördern nicht nur die Arbeitsfähigkeit, sondern stärken auch das Selbstvertrauen und persönliche Kompetenzen. Vermittlungsorientierte Integrationsbegleitung hilft zudem bei der Arbeitsplatzsuche. Dadurch gelingt es immer wieder, Teilnehmer*innen des BBO am ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. 

Eine dieser Erfolgsgeschichten ist jene von Karl Hageneder. Mitte der 1990er-Jahre wurde er das erste Mal durch Vermittlung des AMS auf das BBO in St. Pölten aufmerksam. Damals war er gerade Anfang zwanzig. Der gelernte Landwirtschaftsmaschinenmechaniker bekam nach seinem Lehrabschluss gesundheitliche Probleme, die er zuerst nicht deuten konnte. „Als Jugendlicher wollte ich immer Anerkennung, war schnell gestresst, konnte niemals Nein sagen und habe versucht, immer alles zu geben, was mich schließlich total überfordert hat“, erinnert sich der heute 46-Jährige. 

Während des Präsenzdienstes wurden die Symptome schlimmer. Angstzustände und das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen und ständig würgen zu müssen, kamen dazu. Als Karl Hageneder danach als Geselle in seinen Betrieb zurückkehrte, war der Arbeitstag für ihn fast nicht mehr zu schaffen, nachts konnte er kaum schlafen. Noch immer dachte er an eine körperliche Ursache. Wegen der ständigen Atemnot und den Würgegefühlen suchte er schließlich einen HNO-Arzt auf. Doch organisch war alles in Ordnung. Aufgrund der Symptome verwies ihn der HNO-Arzt wegen schwerer Depressionen in die Neurologie. 
 

"In den zahlreichen Arbeits- und Verhaltenstrainings, Therapien und Gesprächen habe ich hier im BBO gelernt, mein Leben in den Griff zu bekommen."

 

Karl Hageneder

Depressionen bestimmen den Alltag

Es folgten mehrere Klinikaufenthalte und laufend Therapien. Zwanzig Jahre lang haben die Depressionen den Alltag von Karl Hageneder bestimmt, immer wieder kam es zu Rückfällen. In dieser Zeit war er mit Unterbrechungen und Versuchen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, immer wieder in der Beschäftigungs- und Berufsorientierung BBO der Caritas in St. Pölten. In den Arbeitstrainingsprogrammen der BBO wie Fertigung und Copy-Service hat er sich sofort wohlgefühlt. Aber nicht nur, weil er handwerklich sehr geschickt war und sich für alles interessiert hat, sondern auch weil er dort Menschen kennenlernte, denen es ähnlich erging und mit denen er sich austauschen konnte. „Ich habe mich hier sofort verstanden gefühlt, das hat mir damals sehr gutgetan“, erinnert sich Karl Hageneder. „In den zahlreichen Arbeits- und Verhaltenstrainings, Therapien und Gesprächen habe ich hier im BBO gelernt, mein Leben in den Griff zu bekommen. Mein Ziel war ein normales und selbstbestimmtes Leben und wieder arbeiten gehen zu können.“

„Die Arbeit an sich war ja für Herrn Hageneder nie das Problem“, weiß Carina Membir, Leiterin des BBO und lange Zeit sozialpädagogische Betreuerin von Karl Hageneder. „Das Problem war viel eher, immer wieder zu trainieren, auch Nein sagen und sich abgrenzen zu können, damit nicht wieder der Punkt erreicht wird, an dem Herrn Hageneder alles über den Kopf wächst und die Depression die Oberhand gewinnt.“ Schließlich ist Karl Hageneder so weit, dass er es wagt, sich am ersten Arbeitsmarkt zu bewerben. Er sieht eine Stellenanzeige des Maschinenrings und greift zum Telefon. Nach dem Vorstellungsgespräch kann er sofort zu arbeiten beginnen. Seine handwerkliche Geschicklichkeit und sein Wille, es zu schaffen, finden viel Anklang. Heute hat er sich zum Vorarbeiter hochgearbeitet und ist im Gartenservice und in der Werkstätte als Mechaniker tätig. „Karl Hageneder ist für uns im BBO ein Beispiel dafür, dass man es mit guter Unterstützung, Beharrlichkeit und einem starken Willen schaffen kann, sein Leben in den Griff zu bekommen“, freut sich Carina Membir.

 

Seit zwei Jahren geht es Karl Hageneder nun schon richtig gut. Er konnte vieles aus seinem alten Leben loslassen und abschließen. Ein Umzug in eine Wohnung in St. Pölten hat sein Leben zudem selbstbestimmter und freier gemacht. In Absprache mit seinem Arzt konnten die Medikamente reduziert werden. Psychotherapie benötigt er nicht mehr. „Mit Mut die Angst überwinden und die Freiheit spüren“, bleibt das Lebensmotto von Karl Hageneder, das er heute endlich leben kann.

Zahlen und Fakten

894 Menschen mit Beeinträchtigungen

wurden von der Arbeitsassistenz

bei der Jobsuche begleitet

168 Klient*innen

wurden durch Jobcoaching

am Arbeitsplatz begleitet

274 jugendliche Klient*innen

wurden durch die Berufsausbildungsassistenz

in der integrativen Lehrausbildung begleitet

1.291 Jugendliche

durch Jugendcoaching begleitet

106 Klient*innen

erhielten Arbeitstraining in der

Einrichtung Beschäftigung und

Berufsorientierung (BBO)

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