„Mit meiner Erkrankung
2022 blickte der PsychoSoziale Dienst der Caritas St. Pölten auf 50 Jahre erfolgreiches Bestehen zurück – ein halbes Jahrhundert, in dem Menschen mit meist schweren, chronifizierten psychischen Erkrankungen beraten, begleitet, unterstützt und behandelt wurden.
Mittlerweile gibt es in den drei Regionen Zentralraum, Mostviertel und Waldviertel dreizehn Beratungsstellen und drei Ambulatorien mit insgesamt 105 Mitarbeiter*innen, die im Jahr 2022 über 3.000 betroffene Personen betreut und über 13.000 Hausbesuche absolviert haben.
Einer der Klienten ist Gerhard Bertl, der seit 1995 vom PsychoSozialen Dienst betreut wird. Damals vor 27 Jahren hatte der heute 55-Jährige einen Fulltimejob im Anlagenbau eines großen Elektrotechnikunternehmens. Als Familienvater von zwei kleinen Kindern war der Job und dazu noch die gleichzeitige Errichtung eines Einfamilienhauses zu viel. Er entwickelte in dieser Zeit eine paranoide Psychose, erlebte einen zunehmenden Realitätsverlust und fühlte sich verfolgt. „Ich musste für mehrere Wochen ins Krankenhaus und habe mich langsam wieder ins Leben zurückgekämpft“, erzählt Gerhard Bertl. „Das war auch für meine Familie eine sehr schwere Zeit, da ja die Kinder noch sehr klein waren.“ Betreuung erhielt er von da an auch schon vom PsychoSozialen Dienst der Caritas.
Für ein Jahr war Gerhard Bertl damals in Invaliditätspension und absolvierte anschließend ein Arbeitstraining im Psychosozialen Zentrum in Schiltern. „Danach versuchte ich wieder ins Berufsleben einzusteigen, war ein Jahr in einem Bauunternehmen und habe verschiedene andere Jobs probiert“, erinnert sich der 55-Jährige. Schließlich hat er in der geschützten Werkstätte in St. Pölten auch noch die Abschlussprüfung zum Elektriker absolviert. Zwanzig Jahre war Gerhard Bertl in dieser Zeit psychisch stabil, die Medikamente wurden schrittweise reduziert. „Doch dann folgte die nächste Psychose, die manisch verlaufen ist“, erzählt Herr Bertl. „Ich war voller Energie, ständig unter Strom, bin nächtelang mit dem Rad durch die Gegend gefahren, wollte eine Weltreise machen und mein ganzes Erspartes auf den Kopf stellen.“ Darauf folgte der totale Zusammenbruch und ein längerer Krankenhausaufenthalt. „Die Medikamente haben mich wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt“, so Gerhard Bertl.