Seit mehr als zwei Jahren ist unser Leben nun schon von der Corona-Pandemie geprägt, mit leichteren und schwereren Zeiten. Gerade im Bereich der Pflege und Pflegeheime war und ist diese Zeit aber eine besondere Herausforderung. Wie es den Menschen im Pflegeheim Haus St. Elisabeth ergangen ist, erzählen Seelsorgerin Veronika Prüller-Jagenteufel und Senior*innenbetreuerin Rosa-Maria Pfeiffer.
Im Pflegeheim Haus St. Elisabeth in St. Pölten leben 153 Bewohner*innen. Insgesamt ist das Haus im Vergleich zu anderen Pflegeheimen bislang eher gut durch die Coronazeit gekommen, was die Krankheitsausbrüche betrifft. Doch wie geht es den Bewohner*innen nach zwei Jahren Pandemie?
„Mein Eindruck ist, dass die Bewohner*innen diese Zeit sehr unterschiedlich bewältigen“, erzählt Senior*innenbetreuerin Rosa-Maria Pfeiffer, die seit vielen Jahren das Freizeit- und Beschäftigungsprogramm für die Bewohner*innen im Haus St. Elisabeth gestaltet. „Für manche dauert diese Zeit schon sehr lange und ihnen fehlt zunehmend das Verständnis dafür, dass so einfache Dinge wie ein spontaner Besuch nicht möglich sind, weil es eben eine Anmeldung braucht und Besucher*innenanzahl und Zeit beschränkt sind“, so die Senior*innenbetreuerin. „Schwierig ist für viele auch, dass sich die Situation immer wieder ändert“, weiß Seelsorgerin Veronika Prüller-Jagenteufel. „Manchmal ist es lockerer, dann tritt wieder ein Coronafall auf und eine Station geht in Quarantäne. Dann darf niemand die Station verlassen, damit das Virus
sich nicht im Haus verbreitet. Stationsübergreifende Veranstaltungen wie das große Gartenfest im Sommer, das Faschingsfest, die Veranstaltungen im Advent oder auch die sonst regelmäßigen Gruppen (Gedächtnistraining, Singen, Gymnastik, Leserunde) sind seit mehr als zwei Jahren kaum möglich. Das war schon eine große Veränderung und die Aktivitäten gehen den Bewohner*innen sehr ab.“
„Einige Bewohner*innen unterschiedlicher Stationen kennen sich auch untereinander von früher, waren sogar Nachbar*innen. Ein Zusammentreffen ist aber nicht möglich und auch diese Kontakte fehlen“, ergänzt Rosa-Maria Pfeiffer. „Am schlimmsten war für die Bewohner*innen der erste, ganz strenge Lockdown, als es zuerst über viele Wochen gar keine Besuche mehr gab, dann nur über das Fenster bzw. später im Garten. Das gab es Gott sei Dank danach in der Form nicht mehr“, so Veronika Prüller-Jagenteufel. „Immer ermöglicht wurde es hingegen, Menschen zu besuchen, die im Sterben lagen.“
In besonderer Weise betroffen waren auch jene Menschen, die an Demenz erkrankt sind, da sie die Ereignisse nur schwer oder gar nicht einordnen konnten. „Besonders in Erinnerung ist mir eine Bewohnerin, die vor Beginn der Pandemie täglich von ihrem Mann besucht wurde“, erzählt Rosa-Maria Pfeiffer. „Als er nicht mehr kommen konnte, sagte sie traurig: ‚Der hat jetzt wohl eine andere‘, und verstand die Welt nicht mehr. Das hat mich schon sehr berührt. Zumindest konnten wir dann organisieren, dass sie und ihr Mann einander über den Balkon sehen und miteinander sprechen konnten; da war sie dann wieder beruhigt und ganz glücklich.“
Arbeit mit Freiwilligen eingeschränkt
Auch die Mitarbeit der 35 Freiwilligen war in diesen zwei Jahren stark eingeschränkt. Rosa-Maria Pfeiffer, die auch für die Koordination und Begleitung der Freiwilligen im Haus St. Elisabeth verantwortlich ist, hat mit ihnen Kontakt gehalten: „Oft musste ich leider an ihre Geduld appellieren. Später haben dann dankenswerterweise einige Freiwillige dabei mitgeholfen, die Besuche von Angehörigen wieder zu ermöglichen: das Besuchszimmer zu richten oder die 2- oder 3G-Kontrollen durchzuführen.“
Die Senior*innenbetreuerin konnte durch ihre Arbeit mit den Bewohner*innen manches an Veränderungen und Verlusten ausgleichen. „Ich musste noch ideenreicher und flexibler sein als sonst, um unseren Bewohner*innen ein abwechslungsreiches Programm zu bieten. Wichtig war mir auch, dass der Jahreskreis und damit lieb gewordene Bräuche nicht ganz verloren gehen. Wir haben zum Beispiel trotzdem Palmbuschen für die Osterzeit gebunden, obwohl es keine gemeinsame Messe am Palmsonntag gab, haben Maiandachten pro Station gehalten, ein abgespecktes Sommerfest mit Eis-Essen im Garten organisiert, im Advent gebastelt oder ein Adventkonzert per Video angeschaut und Kekse gebacken“, erinnert sich Rosa-Maria Pfeiffer. „Trotzdem ist das soziale Leben dünner geworden und spielt sich immer noch meistens nur innerhalb der eigenen Station ab.“
Nicht nur die Pandemie verunsichert
Aber nicht nur die Pandemie verunsichert die alten Menschen, auch die jüngsten Ereignisse wie der Krieg in der Ukraine lässt bei manchen Bewohner*innen verschüttete Kindheitserinnerungen zurückkehren. „So wollte eine Bewohnerin wissen, ob die Speisekammer des Hauses gut gefüllt ist, falls es bald keine Lebensmittel mehr zu kaufen gibt. Ihren Rollstuhl hat sie mit dem Gürtel ihres Bademantels an sich gebunden, damit ihn die Russen nicht stehlen können. Auf diese Ängste muss man dann besonders eingehen“, berichtet Veronika Prüller-Jagenteufel.
„Das Coronavirus selbst hat hingegen bei den Bewohner*innen weniger unmittelbare Angst um sie selbst ausgelöst, sondern eher um die Angehörigen. Zwei Bewohner*innen mussten wir leider mitteilen, dass der eigene Sohn an Corona verstorben ist; das war für sie schwer zu verkraften“, so die Seelsorgerin.